
"Aber das müssen wir doch erstmal klären!" Diesen Satz höre ich oft in der Mediation. Der Wunsch, jedes Detail noch einmal durchzugehen, ist verständlich. Schließlich fühlt es sich an, als müsse
man erst alles restlos aufarbeiten, bevor eine Lösung möglich ist. Doch genau hier spielt uns unsere Intuition oft einen Streich. Emotionen verengen den Blick, und was sich richtig anfühlt, führt
nicht immer wirklich weiter.
Das Verrückte ist: Viele meiner Medianden wissen eigentlich, was eine Lösung voranbringt – sachlich bleiben, zuhören, die Perspektive des anderen einnehmen. Doch im Konflikt ist das leichter
gesagt als getan. Sobald Emotionen hochkochen, rutscht man in alte Muster. Man will gehört werden, sich verteidigen oder einfach nur Recht bekommen. Und plötzlich tut man genau das, von dem man
weiß, dass es nicht hilft.
𝐆𝐞𝐧𝐚𝐮 𝐡𝐢𝐞𝐫 𝐬𝐞𝐭𝐳𝐭 𝐌𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧 𝐚𝐧. Wenn es den Beteiligten nicht mehr gelingt, das Gespräch selbst in konstruktive Bahnen zu lenken, übernehme ich diese Steuerung. Ich höre aufmerksam zu – aber nicht
immer so, wie meine Medianden es erwarten. Manchmal lenke ich das Gespräch bewusst in eine andere Richtung. Nicht, um etwas zu übergehen, sondern um zu verhindern, dass es sich im Kreis
dreht.
Das fühlt sich für die Beteiligten manchmal ungewohnt oder sogar falsch an. Denn oft möchte man instinktiv noch tiefer bohren, noch mehr diskutieren. Doch gerade dann liegt die Chance: eine neue
Perspektive, die ohne diesen Impuls vielleicht verborgen geblieben wäre.