Podiumsdiskussionen sind eine beliebte Methode in Bürgerbeteiligungsveranstaltungen. Eine Alternative bietet die Fishbowl-Methode, denn sie lockert den Rahmen auf und bindet das Publikum aktiv ein. Die Diskussion findet in einem Stuhlkreis in der Mitte der restlichen Teilnehmer statt. Diese können jederzeit zur Diskussionsrunde hinzustoßen. Auch in Workshops lässt sich die Methode einsetzen, um eine Diskussion zu strukturieren.
Eine Fishbowl kann immer dann eingesetzt werden, wenn alle Teilnehmer die Diskussion verfolgen sollen, aber nicht alle gleichzeitig diskutieren können. Eine Fishbowl ist meist nicht die alleinige Methode einer Veranstaltung, sondern gestaltet den Diskussionsteil. Mit einem entsprechend versierten Moderator (oder Mediator) lassen sich auch Konflikte ansprechen. Allerdings stehen die Diskutanten unter Beobachtung aller anderen Teilnehmer, was eine tiefergehende Konfliktklärung hemmen kann.
Gruppengröße: zehn bis mehrere hundert Personen
Zeitrahmen: ein bis zwei Stunden
Kosten: ggf. Moderation, Referentenhonorar und Raummiete
Zielgruppe: interessierte Bürger
Grad der Beteiligung: Information/Konsultation
„Fishbowl“ bedeutet „Goldfischglas“. Die Methode wird so genannt, da die Diskussion in einem kleinen Stuhlkreis in der Mitte der anderen Teilnehmer stattfindet und diese die Diskutanten beobachten können wie Fische in einem Goldfischglas. Dieser innere Kreis besteht aus höchstens fünf Stühlen plus Moderator. Die äußeren Sitzplätze, auf denen die restlichen Teilnehmer sitzen und zuhören, werden im Kreis um das „Goldfischglas“ platziert. Der Innenkreis kann auf zwei Arten besetzt werden: Ist die Veranstaltung ein Workshop, bei denen alle Teilnehmer aktiv sind, sitzen dort zunächst Freiwillige aus der Runde der Teilnehmer. Wenn sich nun ein weiterer Teilnehmer aus dem äußeren Kreis an der Diskussion beteiligen möchte, stellt er sich hinter einen der Diskutanten: Dieser darf seinen Satz noch zu Ende sprechen, muss dann jedoch den Stuhl verlassen und sich auf einen Zuhörerplatz setzen. Handelt es sich jedoch eher um eine Podiumsdiskussion, nehmen an der Diskussion zum Beispiel die Referenten der Veranstaltung oder weitere Experten teil. Ein Stuhl bleibt in diesem Fall frei. Auf diesen können sich während der Diskussion einzelne Personen aus dem Publikum (dem äußeren Kreis) setzen und Anmerkungen machen oder Fragen stellen. Sie können den Platz verlassen, wenn sie nichts mehr beizusteuern haben, oder sie werden durch den nächsten Gast, der sich zu Wort melden möchte, abgelöst.
Anders als bei der eher distanzierenden Podiumsdiskussion entsteht bei der Fishbowl durch die kreisförmige Anordnung der Stühle eine dichte, kammerähnliche Atmosphäre. Zudem wird die Diskussion strukturiert, da immer nur eine begrenzte Anzahl Teilnehmer zusammen diskutiert. Dies fördert das Verständnis für die einzelnen Positionen und bietet gleichzeitig nacheinander vielen Personen die Möglichkeit, ihre Positionen und Interessen darzulegen.
Zu beachten ist jedoch, dass eine Fishbowl-Diskussion zwar räumliche Nähe zwischen den Diskutanten schafft und sie auf Augenhöhe bringt, es jedoch für manche Teilnehmer auch eine (noch) höhere Überwindung darstellt, sich mit ihren Fragen und Anliegen in den inneren Kreis und damit unter die Beobachtung des äußeren Kreises zu begeben. Es sollte daher auch eine andere, niederschwelligere Möglichkeit geben, Fragen zu stellen, indem diese zum Beispiel auf Karten geschrieben werden können, die die Moderatoren vor Beginn oder kurz vor Ende der Fishbowl einsammeln und an die Experten richten.
Eine Fishbowl lässt sich mit verschiedenen Formaten kombinieren. Sowohl in kleineren Workshops als auch auf größeren Veranstaltungen kann diese Diskussionsmethode angewendet werden. Auch in einem größeren Mediationsverfahren kann die Fishbowl-Methode zum Einsatz kommen, wenn die Mediatoren dies für sinnvoll halten. So können zum Beispiel Vertreter der Interessengruppen stellvertretend in der Mitte der übrigen Teilnehmer miteinander sprechen. Dadurch wird das Mediationsgespräch strukturiert, es können sich jedoch trotzdem weitere Personen einbringen. Es ist allerdings zu beachten, dass eine tiefergehende Konfliktklärung dadurch erschwert werden kann, dass sich die Personen im inneren Kreis unter Beobachtung der restlichen Teilnehmer fühlen.
Vorbereitung: Die Räumlichkeiten sollten so ausgewählt werden, dass die Stühle in mehreren Reihen kreisförmig platziert werden können. Je nach Ausgestaltung der Veranstaltung müssen Referenten bzw. Experten eingeladen und eine Moderation beauftragt werden.
Durchführung: Bei einer größeren Veranstaltung ist die Moderation durch zwei Personen zu empfehlen: Ein Moderator strukturiert die Diskussion im inneren Kreis. Der andere achtet darauf, wer aus dem äußeren Kreis in die Diskussion einsteigen möchte und ermöglicht dies. Dass sich die Zuhörer aus dem äußeren Kreis hinter einen Diskutanten stellen, um seinen Platz einzunehmen, ist nur bei kleineren Runden zu empfehlen. Handelt es sich eher um ein Gespräch mit Experten, gibt es in der Regel nur einen „Gaststuhl“. Gerade zu Beginn der Fishbowl zögern die Teilnehmer oft, sich in die Diskussion einzumischen. Daher sollte der Moderator im Innenkreis zwischendurch dazu ermuntern. Auch wenn sich idealerweise nach kurzer Zeit eine selbstlaufende Diskussion entwickelt, sollten zumindest am Anfang vorbereitete Diskussionsfragen gestellt werden.
Es empfiehlt sich, einen Protokollanten zu stellen, der die Gesprächspunkte notiert. Dies ist besonders wichtig, wenn die Fishbowl Teil eines Konsultationsprozesses ist.
Im Dezember 2015 fand in Paris die Klimakonferenz der Vereinten Nationen statt. Grund für das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn, den BUND Heilbronn-Franken und den Rat für Klimaschutz der Lokalen Agenda 21 auch in Heilbronn über das Thema Klimaschutz zu diskutieren. Sie organisierten den ersten öffentlichen Klimagipfel in Heilbronn im November 2015 und luden die Bürger Heilbronns sowie Vertreter von Stadt, Gemeinderat und Kirchen, Naturschützer, die Bürger-Energie-Genossenschaft, Schüler sowie weitere Klimafachleute zu einer Fishbowl-Diskussion ein.
Zur Eröffnung der Veranstaltung wurde ein Grußwort des Oberbürgermeisters verlesen. Er versprach, die Anregungen aus dem Heilbronner Klimagipfel bei der zukünftigen Ausrichtung der Stadt beim Thema Klimaschutz zu berücksichtigen. Anschließend wurden nacheinander drei Themenschwerpunkte mit Hilfe der Fishbowl-Methode diskutiert. Die Diskussion fand klassisch in einem Stuhlkreis inmitten der anderen Teilnehmer statt. Die Personen aus dem äußeren Kreis konnten auf mehrere freie Stühle im inneren Kreis wechseln, indem sie die Teilnehmer der inneren Runde „abklopften“. Zunächst wurde über Klimaschutz auf der globalen Ebene gesprochen. Dazu äußerten sich zuerst die anwesenden Fachleute, dann entspann sich eine breitere Diskussion. Anschließend ging es um Probleme und Lösungsansätze in Heilbronn. Im letzten Themenblock wurde die Frage diskutiert, was jeder einzelne für den Klimaschutz tun kann. Insgesamt nahmen 50 Personen an der Veranstaltung teil, an den verschiedenen Runden der Fishbowl beteiligten sich jeweils ca. 30 Teilnehmer.
Die Anregungen aus den Diskussionen wurden mitgeschrieben und in einem Erfahrungsbericht veröffentlicht. Es wurden viele Vorschläge zu den Bereichen Energie, Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr sowie zum individuellen klimafreundlichen Verhalten gesammelt.
Die Heilbronner Fishbowl zum Klimaschutz wurde zwar nicht von der Stadt selbst organisiert, doch auch Veranstaltungen der Zivilgesellschaft können Einfluss auf kommunale Planungen ausüben, wenn früh genug der Kontakt zur Stadt oder Gemeinde gesucht wird. Eine Fishbowl-Diskussion ist recht einfach zu gestalten und kann wertvolle Impulse liefern.
Oft sieht man abgewandelte Versionen der Fishbowl, bei der die Stühle des inneren Kreises vorne, dem Publikum zugewandt stehen und die Zuschauer in normalen Reihen sitzen. Dies ist nicht zu empfehlen, besonders dann nicht, wenn die Diskutanten dadurch auf einer Bühne sitzen. Es beraubt der Methode seine dichte Atmosphäre und stellt für die Teilnehmer noch einmal eine größere Hürde dar, nach vorne zu kommen und sich zu beteiligen.
Praxisbeispiel: Erster öffentlicher Klimagipfel in Heilbronn: https://www.klimaschutz-heilbronn.de/akteure/lokale-agenda-21/klimagipfel-in-heilbronn/