Im Zuge der Corona-Krise sind Online-Treffen verstärkt ins Bewusstsein getreten. Nicht nur Unternehmen haben ihre Zusammenarbeit in Videokonferenzen verlagert, auch im Bereich Bürgerbeteiligung gibt es vermehrt Überlegungen, wie Formate ins Internet verlagert werden könnten. Mithilfe der richtigen Software können bestimmte Veranstaltungen in Bürgerbeteiligungsprozessen auch virtuell stattfinden – sie stellen jedoch keinen Ersatz für Präsenzveranstaltungen dar.
Da eine Online-Veranstaltung einen Rahmen für verschiedene Formate bietet, kann sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Verfahren stattfinden. Ob eine Umsetzung per virtuellem Treffen zielführend ist, hängt von der konkreten Fragestellung – und wie konflikthaft diese ist – ab. Verschärfte Konflikte online zu bearbeiten ist deutlich anspruchsvoller als diese persönlich zu klären.
Gruppengröße: Online-Workshop bis zu 20 Personen; Webkonferenz bis zu 100 Personen
Zeitrahmen: Online-Workshop bis zu vier Stunden; Webkonferenz bis zu einem Tag
Kosten: Software, ggf. Moderation
Zielgruppe: je nach Format
Grad der Beteiligung: je nach Format
Die Bezeichnung von Online-Veranstaltungen in der Ankündigung und Bewerbung ist nicht immer einheitlich. So wird das Wort „Webinar“ mittlerweile inflationär für alle Arten von Webveranstaltungen benutzt. Tatsächlich bezeichnet es jedoch ein Online-Seminar, das heißt eine Veranstaltung mit Schulungscharakter. In Abgrenzung dazu soll der Begriff des Online-Workshops ausdrücken, dass es sich um eine Veranstaltung handelt, bei der zusammen Ergebnisse erarbeitet werden. Eine Web- oder Online-Konferenz ist dagegen eine Veranstaltung mit einer größeren Teilnehmerzahl, die (meist) weniger interaktiv gestaltet ist als ein Online-Workshop. Diese ist nicht zu verwechseln mit einer Videokonferenz, welche ein virtuelles Meeting bzw. eine Online-Besprechung – also ein Arbeitstreffen mit wenigen Teilnehmern – bezeichnet.
Online-Beteiligung stellt keinen Ersatz für herkömmliche Beteiligungsverfahren dar. Jedoch kann es sinnvoll sein, Online-Formate anzubieten, wenn Präsenzveranstaltungen nicht möglich sind, oder als zusätzliches Angebot, um weitere Zielgruppen anzusprechen, für die die Teilnahme an einer Online-Veranstaltung einfacher oder attraktiver ist. So muss für die Teilnahme an einer Online-Veranstaltung niemand zu einem Veranstaltungsort fahren und auch eine Kinderbetreuung ist nicht nötig.
Besonders die Teilnahme an einem Online-Workshop ist anstrengender als an einer Präsenzveranstaltung. Daher sollte eine solche Veranstaltung nicht länger als vier Stunden dauern. Eine Webkonferenz, deren Schwerpunkt auf der Information der Teilnehmer liegt, kann mit genügend vielen und langen Pausen auch einen ganzen Tag beanspruchen. Regelmäßige Pausen – mindestens alle anderthalb Stunden – sind bei Online-Veranstaltungen besonders wichtig. Dort kann zwar kein persönlicher Austausch stattfinden, es ist jedoch wichtig, den Teilnehmern auch hier eine kurze Erholung vom konzentrierten Blick auf den Bildschirm zu ermöglichen.
Wenn es sich bei der Veranstaltung eher um ein Workshop-Format handelt – also etwas gemeinsam erarbeitet werden soll – darf der Teilnehmerkreis nicht zu groß sein. Dies gilt besonders für Online-Veranstaltungen. Für Online-Workshops gibt es verschiedene Softwarelösungen, aus denen je nach Ziel der Veranstaltung eine passende ausgewählt werden kann. So gibt es bei vielen Anwendungen die Möglichkeit, die Teilnehmer in virtuelle Gruppenräume zu schicken, um in Kleingruppen eine Aufgabe zu bearbeiten. Für Webkonferenzen sind meist andere Anwendungen sinnvoller. Während es in einem Workshop-Format in der Regel sinnvoll ist, wenn alle Teilnehmer mit Bild und Ton zugeschaltet sind, wird dies ab einer bestimmten Teilnehmerzahl unübersichtlich. Erfahrungsgemäß besitzen nicht alle Teilnehmer eine Kamera oder ein Mikrofon. Dies ist ein weiterer Grund, warum Online-Veranstaltungen keinen gleichwertigen Ersatz für Präsenzveranstaltungen bieten. Bei vielen Online-Tools gibt es zumindest die Möglichkeit, dass sich Teilnehmer auch per Telefon einwählen können. Wenn sie nicht gleichzeitig auch online zugeschaltet sind, können sie jedoch nicht sehen, was im virtuellen Raum passiert. Dies erschwert eine Beteiligung an der Veranstaltung. Zu beachten ist, dass es für manche Anwendungen nötig ist, sich als Teilnehmer vorher ein Programm herunterzuladen und zu installieren. Dies kann eine weitere Hürde für die Teilnahme darstellen.
Vorbereitung:
Zunächst sollten Ziel und Ablauf der Veranstaltung festgelegt werden. Daraus kann anschließend abgeleitet werden, welche Anforderungen die Softwareanwendung erfüllen muss: Sollen gemeinsam Ideen auf einem Whiteboard gesammelt werden? Soll in Kleingruppen gearbeitet werden? Oder sollen vor allem Vorträge gehalten und diskutiert werden? Auf die Veranstaltung sollte sowohl online als auch offline aufmerksam gemacht werden. In der Einladung sollte den Teilnehmern genau geschildert werden, wie sie sich anmelden und wie sie teilnehmen können: Welche technische Ausstattung benötigen sie? Muss vorher etwas installiert werden? Sollen sie aktiv teilnehmen? Empfehlenswert ist zudem, eine Telefonnummer anzugeben, die die Teilnehmer bei technischen Schwierigkeiten wählen können.
Durchführung:
Nachbereitung:
Wie auch bei einer Beteiligungsveranstaltung vor Ort, ist es bei einer Online-Veranstaltung wichtig, die Ergebnisse zu dokumentieren und im Anschluss zur Verfügung zu stellen. Wenn zusammen etwas auf einem virtuellen Whiteboard erarbeitet wurde, kann davon zum Beispiel ein Screenshot gemacht werden, der ins Protokoll aufgenommen wird. Zudem kann die Veranstaltung aufgezeichnet werden, um sie anschließend als Video zur Verfügung zu stellen. Dies muss den Teilnehmern jedoch im Vorhinein mitgeteilt werden und ggf. ihre Erlaubnis eingeholt werden.
Der Name der Veranstaltung kann an das Format angelehnt werden, das der Veranstaltung zu Grunde liegt: zum Beispiel Online-Zukunftswerkstatt oder Online-Expertenhearing.
Nicht jede Vor-Ort-Veranstaltung lässt sich in ein Online-Format übertragen. Mit einigen Anpassungen lassen sich jedoch viele auch virtuell umsetzen. Hier gilt es, kreativ zu überlegen, wie die interaktiven Elemente des Formats im virtuellen Raum umgesetzt werden können.
Im Juli 2020 hat die „Arbeitsgemeinschaft Windenergie Höhenkirchner Forst" (ARGE) drei Online-Dialoge zu möglichen Windenergieplanungen im Höhenkirchner Forst durchgeführt. In den jeweils für zwei Stunden angesetzten Online-Veranstaltungen wurde über den Stand der Planungen informiert. In der ARGE haben sich die drei bayrischen Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern sowie die beiden Landkreise Ebersberg und München zusammengeschlossen, um ein mögliches Windenergieprojekt im Forst gemeinsam zu prüfen und gegebenenfalls voranzutreiben. Dafür hat die Arbeitsgemeinschaft Untersuchungen wie zum Beispiel eine Wirtschaftlichkeitsberechnung beauftragt.
Zudem sollen auch die Bürger informiert und eingebunden werden. Die ursprünglich als Präsenzveranstaltungen geplanten Dialoge sollten die Möglichkeit bieten, sich über das Projekt zu informieren und Fragen an die Experten zu stellen. An den von der Energieagentur Ebersberg-München moderierten Online-Veranstaltungen nahmen zwischen 60 und 160 Personen teil. Die Teilnehmer waren nicht mit Video oder Audio zugeschaltet. Neben einer Teilnahmemöglichkeit über ein internetfähiges Gerät, konnten sich Interessierte auch per Telefon einwählen. Zu Beginn der jeweiligen Veranstaltung wurden den Teilnehmern ein paar Fragen gestellt, zum Beispiel zu ihrem Wohnort und ihrer Einstellung zur Windenergie. Nach Vorträgen zum Stand der Planungen sowie Aspekten der Windenergie und Bürgerenergie konnten die Teilnehmer per Chat Fragen stellen. Diese Möglichkeit wurde jeweils rege genutzt. Die Referenten beantworteten die meisten Fragen live. Fragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt werden konnten, wurden im Nachhinein auf dem Internetauftritt der ARGE beantwortet.
Das Beispiel aus Bayern zeigt, dass es auf einfachem Wege möglich ist, Bürger online über Planungen zu informieren und ihre Fragen zu beantworten. Das verwendete Programm ermöglichte eine einfache Teilnahme durch interessierte Bürger. Auf der anderen Seite konnten sich diese nur per Chat äußern. Für eine tiefergehende Einbindung sind andere Anwendungen nötig, die jedoch wiederum mehr (vor allem technische) Anforderungen an die Teilnehmer stellen.
Es ist empfehlenswert, die Veranstaltung von mindestens zwei Personen moderieren zu lassen. Eine Person führt durch das Programm, die andere achtet auf Fragen im Chat und hilft bei technischen Problemen.
Vor der Veranstaltung sollte mit den Referenten ein Technikcheck durchgeführt werden. Bei komplexeren Formaten, die zum Beispiel Gruppenarbeiten beinhalten, kann zudem ein Testlauf sinnvoll sein.
Praxisbeispiel: Windenergie im Höhenkirchner Forst:
https://www.windenergie-hoehenkirchner-forst.de/