Das Format des Runden Tisches kann in unterschiedlicher Weise durchgeführt werden: in Form dauerhaft regelmäßig zusammenkommender Gruppen, mehrmaliger Treffen oder einer einmaligen Veranstaltung. Wie die Bezeichnung Runder Tisch schon nahelegt, geht es darum, sich um einen (runden) Tisch zu setzen, um auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch zu kommen. Meist geht es dabei um kontroverse Themen oder konkrete Konflikte, für die gemeinsame Nenner und Lösungen gefunden werden sollen.
Runde Tische sind ein sehr bekanntes Format. Spitzt sich ein Streitthema zu, wird oft schnell ein solches Treffen gefordert. Allerdings würden viele Menschen dieses Format wohl nicht der Bürgerbeteiligung zuordnen. Richtig ist, dass zu einem runden Tisch Menschen eingeladen werden, die eine Interessensgruppe im Konflikt bilden bzw. vertreten oder sich bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Doch dies kann oft auch Bürger, zum Beispiel aus Bürgergruppen oder -initiativen, einschließen.
Ziel eines Runden Tisches ist es, Themen, die sich in den laufenden Planungen als kontrovers herausgestellt haben, auf Augenhöhe sachlich miteinander zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Dieses Format wird also meist angewendet, wenn sich Konflikte zuspitzen. Runde Tische eignen sich jedoch nicht zur Lösung festgefahrener Konflikte. Sie können aber im Rahmen von Mediationsprozessen ergänzend durchgeführt werden.
Gruppengröße: bis zu 20 Teilnehmer
Zeitrahmen: ca. 3-4 Stunden, oft mehrere Termine (empfohlen)
Kosten: Honorar externer Moderator (auch für die Vorgespräche), ggf. Raummiete und Verpflegung
Zielgruppe: an einem Konfliktthema beteiligte Interessensgruppen
Grad der Beteiligung: Kooperation/Lösungsfindung
Auch wenn Runde Tische nicht immer rund sind, hat diese Form einen funktionalen Hintergrund. Bei einem runden Tisch gibt es weder ein Podium noch eine Stirnseite oder Ecken mit schlechten Sichtbeziehungen. Die Teilnehmer begegnen sich auf Augenhöhe und können sich alle gegenseitig anschauen. So kommen sie leichter ins Gespräch.
Der Runde Tisch selbst kann unterschiedlich ausgestaltet werden. Je nach Art der Themenstellung bzw. des Konflikts können unterschiedliche Methoden (wie z. B. Gruppenarbeiten) zum Einsatz kommen. Es ist daher empfehlenswert, einen professionellen Moderator zu engagieren.
Ein Runder Tisch ist nur sinnvoll, wenn es mehrere Interessen gibt, die beteiligt werden sollen. Es sollten dann aber auch alle relevanten und interessierten Akteure eingeladen werden.
Ziele:
Vorbereitung:
Durchführung:
Nachbereitung:
Bei der Einladung der Teilnehmer sollte das Ziel des Runden Tisches klar und deutlich formuliert werden, um enttäuschten Erwartungen vorzubeugen. Dieses Ziel sollte, nachdem es von den Teilnehmern zu Beginn diskutiert wurde, schriftlich festgehalten und deutlich sichtbar aufgehängt werden, damit es während der Diskussionen buchstäblich nicht aus den Augen verloren wird.
Der Runde Tisch sollte von einem erfahrenen und vor allem neutralen, das heißt außenstehenden, Moderator begleitet werden.
Es besteht die Gefahr, dass am Runden Tisch lediglich Meinungen und Positionen ausgetauscht werden, ohne dass die Suche nach einer Lösung erkennbar ist. Daher braucht die Diskussion am Runden Tisch eine klare Struktur, die den Teilnehmern dabei hilft, aufeinander zuzugehen.
Wie bei allen Beteiligungsformaten sollte auch bei einem Runden Tisch von Anfang an klar sein, was mit dem Ergebnis passiert und wie verbindlich es ist. Dies kann einen motivierenden oder einen schwächenden Einfluss auf den Aushandlungsprozess haben, ist jedoch für die Transparenz des Verfahrens wichtig.
Wie ein Runder Tisch zur Lösungsfindung beitragen kann, zeigt sich anschaulich an einem Beispiel aus Hessen. Im mittelhessischen Amöneburg löste der Plan, mehrere Windenergieanlagen auf der Mardorfer Kuppe zu errichten, Diskussionen aus, die schließlich in einem Runden Tisch gebündelt werden sollten. Die Mardorfer Waldinteressenten (die private Eigentumsgemeinschaft des örtlichen Waldes) wollten mit Hilfe eines Projektierers einen Windpark in ihrem Wald errichten. Dies stieß jedoch auf Widerstand bei der örtlichen Bevölkerung.
Nachdem sich der Konflikt langsam zuspitzte, beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Amöneburg am 6. Februar 2017 die Einrichtung eines Runden Tisches. Das Dialogverfahren wurde im Rahmen des Landesprogrammes Bürgerforum Energieland Hessen von der Dialogfirma IFOK durchgeführt und moderiert.
An dem Runden Tisch nahmen Vertreter der Bürgerinitiative „Es reicht“, der Mardorfer Waldinteressenten und ihres Projektierers sowie Vertreter aus den Ratsfraktionen, die Vorsitzenden der Ausschüsse, der Stadtverordnetenvorsteher und der Bürgermeister von Amöneburg teil.
Nachdem die Einrichtung eines Runden Tisches beschlossen worden war, wurden die Interessensgruppen eingeladen. Bevor der Runde Tisch erstmals zusammenkam, bekamen sie die Möglichkeit, in Einzelgesprächen ihre Positionen dem Moderator darzulegen.
Der Runde Tisch trat zum ersten Mal am 14. März 2017 zusammen. Zunächst wurden das Vorgehen und die Arbeitsschwerpunkte geklärt. Zudem wurde der Sachstand erörtert. Dann wurde nach ersten Lösungsvorschlägen gesucht. So sagte der Projektierer zu, die Durchführung eines förmlichen Verfahrens, das heißt eines Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung, zu beantragen. Die Beteiligten zeigten sich nach dem ersten Treffen zufrieden mit der allgemeinen Gesprächsbereitschaft und der Sachlichkeit der Diskussion.
Die Sitzung und das Protokoll waren – wie bei allen folgenden Treffen – nicht öffentlich. Stattdessen wurden die Ergebnisse zusammen veröffentlicht.
Beim zweiten Runden Tisch am 26. April 2017 gab es die ersten Kompromissangebote des Projektierers. So sollten Schallmessungen durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die bereits bestehenden Anlagen die Grenzwerte einhalten. Die Bürgerinitiative zeigte sich jedoch eher enttäuscht. Ihnen gingen dieser Vorschlag nicht weit genug. So wollte der Projektierer an der Anzahl der Anlagen festhalten und über eine Vergrößerung der Abstände zu den Siedlungsgrenzen lediglich noch einmal nachdenken.
Beim dritten Treffen des Runden Tisches am 20. Juni 2017 legte der Projektierer dann einen umfangreicheren Vorschlag auf den Tisch. Zum einen sollten freiwillig Grenzwerte für den nächtlichen Schall eingehalten werden: Zur südlichen Grenze des nahegelegenen Amöneburger Stadtteils Erfurtshausen sollten dies statt 40 dB(A) 37,5 dB(A) sein und zur weiter nördlich gelegenen Erfurtshausener Kirche 35 dB(A), was dem Grenzwert eines reinen Wohngebietes entspricht. Als Bedingung sollte die Stadt jedoch von dem Plan abrücken, den Stadtteil Erfurtshausen-Süd in ein reines Wohngebiet umzuwandeln, womit eben jene engeren Schall-Grenzwerte verbunden wären. Weiterhin sollten nun doch weniger Anlagen gebaut werden, statt zehn nur sieben. Der Vorschlag wurde von den Teilnehmern des Runden Tisches insgesamt begrüßt. Der Bürgerinitiative ging er jedoch noch nicht weit genug.
Der Runde Tisch traf zum vierten und letzten Mal am 26.10.2017 zusammen. Dort informierte der Bürgermeister darüber, dass die Magistratsvorlage für die Stadtverordnetenversammlung eine Umwandlung von Erfurtshausen-Süd in ein reines Wohngebiet empfiehlt. Am 13. November beschloss die Stadtverordnetenversammlung diese Umwandlung. Damit ist der Kompromissvorschlag gescheitert. Die vorausgehenden Zusagen zur freiwilligen Schallmessung und zum Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung möchte der Projektierer jedoch einhalten.
Das Praxisbeispiel aus Amöneburg veranschaulicht nicht nur den klassischen Ablauf eines Runden Tisches sondern auch dessen Stärken und Schwächen. Als mehrmaliges Treffen angelegt, konnte die Lösungsfindung Schritt für Schritt voranschreiten. Jedoch ist es letztendlich nicht gelungen, sich auf eine Lösung zu einigen. Der Kompromissvorschlag wurde durch die Ausweisung eines reinen Wohngebietes außerhalb des Runden Tisches zunichte gemacht. Jedoch bot der Runde Tisch zumindest eine Chance zur Beilegung des Konflikts. Wäre der Runde Tisch nicht einberufen worden, hätte sich der Konflikt wohl noch weiter verhärtet.
Soweit dies möglich ist, sollten jeweils die gleichen Personen an den Treffen des Runden Tisches teilnehmen. Eine ständig wechselnde Zusammensetzung verhindert ein kontinuierliches Arbeiten.
Es sollte vermieden werden, dass parallel zum Runden Tisch Entscheidungen getroffen werden, die dessen Arbeit beeinträchtigen. Kann dies nicht verhindert werden, sollte der Runde Tisch so früh wie möglich über die (anstehenden) parallelen Entscheidungen informiert werden.