In einer Zukunftswerkstatt bekommen Bürger die Möglichkeit, kreative Ideen und Lösungsvorschläge zu bestehenden Problemen zu erarbeiten. In einem geschützten Rahmen soll eine produktive Atmosphäre geschaffen werden, die bei der Formulierung auch ungewöhnlicher Ansätze unterstützend wirkt. Das Wissen, das die Teilnehmer durch ihre verschiedenen persönlichen Hintergründe mitbringen, soll als Ideenpool dienen; im Vordergrund steht jedoch die Fantasie jedes Einzelnen.
Ziel des Formats ist die aktive Einbindung der Bürger in Ideen- und Lösungsfindungsprozesse für die kommunale Energiewende. Die Zukunftswerkstatt steht zeitlich vor der Entwicklung konkreter Konzepte, verbindet jedoch schon die Ausarbeitung einer Vision mit der Aufstellung von Maßnahmen.
Das Format der Zukunftswerkstatt ist nicht zu verwechseln mit einer Zukunftskonferenz. Zwar weisen die beiden Formate Gemeinsamkeiten auf, allerdings zielt die Zukunftskonferenz eher auf größere Gruppen (> 60 Teilnehmer) ab.
Gruppengröße: bis zu 50 Personen
Zeitrahmen: ca. 1-3 Tage
Kosten: Material, Verpflegung, ggf. Raummiete
Zielgruppe: interessierte Bürger einer Kommune/eines Stadtteils, keine Vorerfahrung mit Partizipation nötig
Grad der Beteiligung: Konsultation/Mitgestaltung
Die Idee der Zukunftswerkstatt wurde Ende der 1960er als Antwort auf eine Bewegung der Veränderung und ein neues Demokratieverständnis entwickelt. Die Zukunft sollte in die Hände der Bürger gelegt wer-den.
Durch die Zukunftswerkstatt sollen neuartige Ideen entwickelt werden und sich dabei von alten Konven-tionen gelöst werden. Basis ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Grundprinzipien:
(nach Müllert 2017)
Vorbereitung:
Bei größeren Gruppen sollten die Tische so gestellt werden, dass Untergruppen gebildet wer-den können (die Ergebnisse der Gruppen werden nach jeder Phase im Plenum vorgestellt).
Flipcharts, Pinnwände und Moderationskarten sollten zur Ergebnissicherung bereitstehen.
Durchführung:
Nachbereitung:
Die Ergebnisse, vor allem die Ziele und die daraus abgeleiteten Maßnahmen, sollten in einer Dokumentation klar dargestellt werden. Die Teilnehmer sollten außerdem darüber informiert werden, wenn bzw. wie ihre erarbeiteten Ideen und Maßnahmen umgesetzt wurden.
Die Veranstaltung sollte durch eine professionelle Moderation begleitet werden. Einige Moderatoren haben eine Fortbildung zur Moderation von Zukunftswerkstätten absolviert.
Es gibt einige Bürgerbeteiligungsprojekte, die unter dem Titel Zukunftswerkstatt stattfinden. Nur selten orientieren sie sich jedoch auch wirklich an den drei Phasen der Kritik, Fantasie und Realisierung. Dieser ursprüngliche Ablauf ist eher bei Zukunftswerkstätten zum Beispiel im Rahmen unternehmensinterner Workshops zu beobachten, selten jedoch bei Bürgerbeteiligungsprozessen. Auch wenn der Nutzen der drei Phasen verloren zu gehen droht, wenn zu stark vom Grundkonzept abgewichen wird, so haben doch einige Kommunen das Format für sich nutzbar umgeformt.
Von September bis Dezember 2012 fanden im Rhein-Hunsrück-Kreis (Rheinland-Pfalz) Zukunftswerkstätten in den sechs Verbandsgemeinden und der Stadt Boppard statt. Jede Werkstatt dauerte ca. 3 ½ Stunden. Thema waren die Potenziale von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz im Hinblick auf die durch den demografischen Wandel bedingten Herausforderungen bei der Daseinsvorsorge. Behandelt werden sollten die Felder „Wohnen“, „Arbeiten“ und „Leben“. Jede der sieben Veranstaltungen war nach dem gleichen Muster aufgebaut: Zunächst wurden mehrere fiktive Schlagzeilen aus dem Jahr 2027 präsentiert. Diese enthielten sowohl positive als auch negative Entwicklungen im Hinblick auf Erneuerbare Energien und Daseinsvorsorge. Aus diesen Schlagzeilen waren im Vorfeld der Zukunftswerkstatt mehrere Ziele für das Jahr 2027 abgeleitet worden, die dann von den Teilnehmern ergänzt wurden. In der folgenden Phase wurden in Gruppen konkrete Maßnahmen erarbeitet, die für die Erreichung dieser Ziele als notwendig erachtet wurden. Es wurden dazu auch die zu beteiligenden Akteure benannt. Zum Beispiel war ein Ziel die „Versorgungssicherheit und (finanzielle) Steigerung regionaler Wertschöpfung durch lokale Energieerzeugung“. Dafür sollte zum Beispiel die Windenergieerzeugung weiter ausgebaut werden, gleichzeitig aber auch nach Alternativen gesucht werden. Die Maßnahmen wurden in einer Dokumentation tabellarisch festgehalten.
In diesem Praxisbeispiel für eine Zukunftswerkstatt wurden die Phasen nicht nach Anleitungen durchlaufen; die Aufteilung in drei Phasen zeigte sich nur grob: 1) Die Kritikphase wurde durch vorgegebene Schlagzeilen, die Negatives und Positives beinhalten, geprägt. 2) Das Ergänzen der Ziele kann, wenn auch sehr eingeschränkt, als Visionsphase verstanden werden; hier hätte man den Teilnehmern mehr Kreativität zugestehen können. 3) Die Überlegungen, wie die Ziele umgesetzt werden können, bildet die Realisierungsphase dagegen gut ab.
Eine angemessene Dokumentation der Ergebnisse ist wichtig, um zum Beispiel die Politik über die Zu-kunftswerkstatt zu informieren und damit die Umsetzung der Vorschläge mit den dokumentierten Ergeb-nissen verglichen werden kann.
Die Methode wirkt stärker, wenn die drei Phasen scharf voneinander abgegrenzt sind.
Man sollte Mut zeigen, den Bürgern in der Visionsphase wirklich Freiheit für fantasievolle Ideen zu geben.